Interview: Christian Stein
Fotos: Christian Stein

Opel Rekord P2

Hallo Gero. Ich freue mich, das wir endlich dazu kommen, das Interview zu machen. Stell dich doch bitte unseren Lesern mal kurz vor.

Ja, Gero aus Dortmund, zugereist, vor mehr als zehn Jahren fast, und entsprechend auch angekommen und vernetzt – und springe, wenn ich mich nicht um meine Fahrzeuge kümmern darf, am Theater rum als Bühnenmeister.

Okay, wir steigen direkt ein: Was war denn das erste Auto deiner Eltern, an das du dich erinnern kannst?

Ja, nicht bewußt, sondern durch Fotoalben, ein T2-Bulli, mit dem es damals nach Frankreich ging. Und der T3, an den kann ich mich dann noch bestens erinnern. Mit dem ging es auch immer in die Bretagne.

Gibt es so eine Art Traumwagen aus deiner Kindheit? Wo du damals gedacht hast, wenn ich mal groß bin, fahre ich die Karre, weil das ist das geilste Auto der Welt, oder so … 

Tatsächlich nicht, hehe. Das war eher ein Zweirad. Ich wollte immer eine Ténéré haben. Da hieß es dann auch im Urlaub, als ich die meinem Vater gezeigt habe: „Junge, wenn du das Abi schaffst, dann kriegste so ein Ding.“

Cool. Und? Hat es geklappt mit dem Abi?

Ja, bedingt. So, mit mehreren Hürden. Aber dann haben wir auch nicht mehr über ein Motorrad gesprochen, denn das war dann schon da.

Was für einen Fahrschulwagen bist du denn gefahren?

Das war ein Golf. Ich weiß gar nicht mehr, was für eine Baureihe.

Und was war dein erster eigener Wagen?

Mein erster eigener Wagen ist tatsächlich der hier. Mein P2. Ansonsten gab es immer nur das Auto von den Eltern. Herzallerliebst: ein Fiat Panda Automatik. Das war ’ne super Karre. War langweilig und fuhr sich wie ein Sack Nüsse.

Ja, direkt mit nem Oldtimer eingestiegen. So soll das sein. Wie ist das eigentlich mit dir und Autos? Du bist eher so der Motorradtyp, oder? Also – dein Herz hängt mehr am Zweirad, oder?

Das hat sich jetzt rauskristallisiert, so über die letzten Jahre. Ja. Da schlägt das Herz doch schneller. Weil auch die Freizeitgestaltung und Veranstaltungen und Leute, die man über die Jahre halt kennen gelernt hat, sind schon deutlich angenehmer … Sind ja schon zwei Welten.

Test

Vielleicht ist die nächste Frage eine Frage, die in beiden Welten zuhause ist: Was macht denn deiner Ansicht nach ein Auto zu einem besonderen Auto? Die Marke, die Antriebsart? Geht es um Geschwindigkeit, geht es um Design? 

Da muss es (und das ist jetzt ein ziemlich dehnbarer Begriff) in erster Linie ein Auto mit Charakter sein. Das kann ziemlich viel bedeuten … Soll heißen, das es irgendwie eine Verbindung zu demjenigen gibt, der das Ding steuert. Der eine braucht Allrad, der nächste braucht Geschwindigkeit. Bei mir ist es in erster Linie, ganz salopp gesprochen, ’ne Sache gewesen, das es augenscheinlich ein Fahrzeug sein sollte, was nicht so aussieht wie der Einheitsbrei heute. Da war ich auch nicht festgelegt auf eine Marke, sondern einfach – ja – das geht jetzt hier mal in eine andere Richtung und ist eine Karre, die man jetzt im Alltag nicht so oft sieht. Und auch bewusst, das ist wohl das Wichtigste, jetzt auch nicht markengebunden oder an der Motorleistung festzumachen, sondern einfach so ein altes Teil zu erhalten, jetzt zu bewegen und diesem höher, schneller, weiter in einer gewissen Art und Weise zu entkommen und auch entgegen zu stehen. So ein Auto, das habe ich ziemlich schnell gemerkt, ist sehr gut zum endschleunigen und wenn man sich reinsetzt und die Tür zu geht und man den Schlüssel rumdreht, den Alltag zu vergessen. Weil es noch irgendwie was Echtes hat, sag ich mal. Der riecht anders als ein modernes Auto, fühlt sich anders an und fährt sich natürlich auch anders. Das war meine Herangehensweise …. und sich halt mit der alten, überschaubaren Technik die da vorherrscht, auseinander setzen zu müssen. Was ja nicht ausbleibt mit so einem alten Schätzchen.

Genau.

Und auch zu kucken: Warum funktioniert das, warum funktioniert das nicht und dann auch was zu lernen und zusammenzuwachsen mit dem Auto. Und das passiert, dass man da Stück für Stück sich selber helfen kann. Auch wenn man bis dahin die Goldkarte vom ADAC bekommen hat und die schon fast nicht mehr abheben, wenn man anruft.

Wie ist denn die Geschichte von deinem Auto? Es kommt aus Skandinavien irgendwo, wenn ich mich richtig erinnere?

Genau, aus Schweden. Und da gibt es die wohl auch tatsächlich noch häufiger, weil die da nicht so vergammelt sind, da die ja mit Straße salzen nicht allzu viel zu tun haben. Und, das was ich rausbekommen habe, dadurch, das die Dokumentation auch noch komplett dabei gewesen ist, Arne Andersson den vorher bewegt hat. Entsprechend dem beiliegenden Werkstattbuch.

Opel Rekord P2

Arne Andersson – so stellt man sich das ja auch vor … 

Genau. Und dann als Zweitbesitzer von einem Auto Baujahr 1962 – das ist auch nicht zu verachten. Ich habe aber auch nie rauszufinden versucht, ob der Mensch noch lebt, tatsächlich. Ich war ja mit dem Auto dann auch ein, zwei Mal an der Nordsee und da hätte man ja sagen können, man fährt mit dem Auto mal da hoch.

Wie hast du ihn denn gefunden, wenn du den Vorbesitzer nie getroffen hast?

Also, da  gibt es in Herne jemanden, der hat ein kleines Opel-Museum und der handelt mit alten Opels und Teilen. Und den hab ich mit ’nem Kumpel dann mal angesteuert. Und da stand das Schätzchen. Der hat den importiert.

Und du fährst den jetzt schon wie lange?

Im Mai werden es neun Jahre.

Und bist du die ganze Zeit zufrieden gewesen oder hattest du den Eindruck, du müsstest irgendetwas verändern? Oder stand für dich die ganze Zeit im Vordergrund: Das ist, wie es ist, und das ist original so und das ist kultig weil es so ist wie es ist und da muss man nichts außer sich drauf einlassen.

Groß verändern auf jeden Fall nicht. Es ging in erster Linie darum, dass das Auto einsatzbereit bleibt. Quasi eine rollende Restaurierung, das gute Stück. Es tat mir schon weh, das ich mal einen Sommer aussetzen musste, weil wir dann doch ein bisschen mehr machen mussten. Wir hatten mit Durchrostungen zu kämpfen, an den Schweller-Endspitzen z. B. Das hatte dann doch ein bisschen länger gedauert.

Gibt es was, das gar nicht geht mit dem Auto? Im Winter fahren? Nicht bei Regen?

Also, tatsächlich, wenn jetzt richtig Winter war und gesalzene Straßen … dann hab ich dem Auto das auch nicht zugemutet. Wenn ich ein paar Wochen an der Nordsee war, da gibts ja die schöne salzhaltige Luft, die uns ganz gut tut, aber dem lieben Blech natürlich nicht, da hab ich schon gedacht, wenn er da so im Regen stand, das ist ja nicht so schön. Der freut sich bestimmt auf seine Garage. Mein Bruder hat dann gesagt, der hätte schon mehr Regen gesehen als ich, und dann war es auch wieder gut. (lacht)

Opel Rekord P2

Du hast gerade schon gesagt, das du dir ein bisschen selbst zu helfen weißt, über die Zeit gelernt hast mit manchen Sachen umzugehen, dich mit der Technik auseinander gesetzt hast: In wie fern schraubst du denn wirklich selbst und ab wo müssen andere ran?

Also, so lange ich mir mit dem dazugehörigen Handbuch helfen kann – ja, da geht es um Kleinigkeiten und Wartungsklamotten, die ich auf jeden Fall hinbekomme. Ansonsten wäre ich da ohne meinen Kumpel Little, der da sehr firm ist und selbst Oldtimer fährt und in seiner Freizeit repariert, echt aufgeschmissen.

Das ist der mit dem Aufkleber, oder? „This Car Is A Little Repaired“, oder was da drauf steht, richtig?

Genau der, ja. Gewisse Sachen, klar, kann man selber probieren, aber da ist mir auch wohler, wenn ich weiß, dass das jemand macht, der das vorher schon mal in der Hand gehabt hat und weiß, was er tut. Weil, wenn er dann nicht bremst, wäre schlecht …

Gibt es eine Person, die das alles entfacht hat, bei dir, oder, ohne die das alles so gar nicht möglich wäre?

Mir war auf jeden Fall klar, das ich was Altes bewegen möchte. Und da ich im Alltag kein Auto brauche, in der Stadt wohne und arbeite und da alles mit dem Fahrrad machen kann, war das schon immer klar. Natürlich hat mein Freundeskreis, Leute die dann alte Autos auch schon bewegt haben, und klar, da konnte man sich schon mal austauschen: „Was heißt das, mit so ’nem alten Auto …“  Die haben natürlich auch eine Rolle gespielt, aber es gibt da jetzt keine Person, die da maßgeblich für gesorgt hat.

Der Kollege Little, hast du gerade gesagt, macht das auch nur in seiner Freizeit?

Genau, der ist da mit acht anderen Leuten in einer riesen Halle. Alles Hobbie-Schrauber. Da gibt es aber jetzt keine Internetseite oder so, das einzige woran man ihn erkennt, sind die Aufkleber in und um Dortmund herum.

Opel Rekord P2

Wie kam es zu dem Aufkleber? Erzähl doch mal …

Das haben sich mein Kumpel Olli und ich überlegt, weil er so vielen im Freundes- und Bekanntenkreis hilft und überhaupt so hilfsbereit ist, da hatte ich halt irgendwann in Irland dieses kleine Männchen gesehen. Allerdings an einem Barbershop – er hatte Kamm und Schere in der Hand. Und Kumpel Olli, der halt auch Oldi fährt (Strich Achter), der ist Fotograf und Mediengestalter. Und der hat den dann umgebaut und der nächste Kumpel hat dann diese Aufkleber gedruckt.

Das ist doch sicherlich gut angekommen bei „Little“, oder?

Der hat sich sehr gefreut, Olli hat ihn auch sehr gut getroffen als Comic-Figur. Wenn man ihn kennt, dann erkennt man ihn auch …

Und die Leute, denen er hilft, fahren den Aufkleber doch dann auch mit Stolz durch die Gegend, oder nicht?

Auf jeden Fall, ja klar.

Genau so muss das sein, finde ich.

Hast du so ’ne Art Hausstrecke, Lieblingsstrecke, Best Drive … weißt du, so:„Ich muss mal den Kopf frei kriegen. Ich setz mich mal ins Auto und fahre mal meine Strecke und danach geht es mir wieder gut … Hast du vorhin ja schon mal so gesagt: „Wenn man in die Karre einsteigt und die Tür zu macht, ist man in einer anderen Welt, und dann ist der Alltag eben Alltag … jetzt wird entschleunigt und runtergekommen?

Ne, so ne Haus- und Hofstrecke gibt es eigentlich nicht. Ich muss nur zusehen, das ich zügig aus der Stadt komme. Stop-and-Go ist jetzt nicht so prall. Aber auch schon auf dem Weg nach draußen ist das Grinsen schon im Gesicht … ist also nicht so schlimm. Ne, es gibt keine Feierabend-Ich-Brauch-Abstand-Strecke.

Opel Rekord P2

Gibt es Treffen, Events oder Messen, wo du immer hinfährst? Irgendwas, was sich durch das Auto ergibt, oder ergeben hat?

Ja, die Dukes of Downtown in Essen. Das ist auf jeden Fall immer eine sehr, sehr feine Veranstaltung gewesen. An der Zeche Zollverein war monatlich mal so ein offenes Treffen. Das war immer sehr schön, das haben sie aber leider eingestampft. Das waren immer so meine Highlights. Und einmal Wings and Wheels am Flughafen Münster/Osnabrück meine ich wärs gewesen. Das hab ich aber auch nur ein mal mitgemacht und dann hat das nicht mehr stattgefunden. Das war auch sehr nett, weil da auch historische Flugzeuge zu begutachten waren. Das war noch mal eine Schüppe drauf auf ein normales Oldtimertreffen, wenn du da noch historische Flugzeuge hast, die da neben dir starten und landen. Und historische Rennwagen, die dann in Aktion zu sehen und zu hören waren.

Findet aber auch nicht mehr statt, habe ich gerade richtig verstanden?

Ne, also, es gibt eine Veranstaltung die heißt auch Wings And Wheels, das ist jetzt bei Hamburg. Aber ich weiß nicht ob das mit der Geschichte noch was zu tun hat. Ich weiß nicht, wer da hinversteckt. War noch nicht da …

Und Grürmannsheide (www.g-o-f.de) in Iserlohn, im Sommer, das ist auch immer ’ne schicke Veranstaltung.

Was ist das? Was geht da?

Das ist auch ein Oldtimertreffen, ziemlich bunt gemischt, das macht es ganz schön. Da sind dann halt auch mal so ein paar mehr Trecker und auf jeden Fall auch große, schwere, laute, alte Fahrzeuge. Was man dann so ohne weiters – hier in der Stadt sowieso nicht – eher selten zu Gesicht bekommt. Das war auch am Wochenende, Abends mit Livemusik.

Opel Rekord P2

Das heißt, das ist dann so eine Veranstaltung, wo man dann auch übernachtet und Party macht?

Tja, wir haben uns jedes Jahr vorgenommen, mal da zu bleiben, aber irgendeiner musste dann doch immer fahren.

Verstehe …

Genau …

Welches Fahrzeug soll denn wohl als nächstes kommen?

Das wird ein Mercedes und zwar ein 190er. Der aber tatsächlich auch dann schon das H-Kennzeichen bekommt. Baujahr 88.

Also, du bleibst dem Oldtimer-Bussiness treu.

Ganz frisch mit H. Ja, auf jeden Fall. Ja, der ist ein bisschen Streckentauglicher, Family an der Nordsee und LKW überholen ist mit dem mit Sicherheit ein bisschen einfacher. Das andere war mehr zum cruisen und für über Land. Das macht dann auch nicht so viel Spaß damit Strecke zu machen und Autobahn zu fahren. Man hat auch nicht den Eindruck, dass dem Auto das Spaß macht.

Ja, das was man heute auch ganz normal als Strecke so täglich fährt, dafür waren die Fahrzeuge in den 60er Jahren ja auch gar nicht ausgelegt. Das war nicht üblich, mal eben fürs Wochenende an die Nordsee zu fahren. Wie viele Leute gibt es, die jeden Tag 1,5 Stunden (eine Strecke!) zur Arbeit fahren. Das würde ja schlichtweg mit einem P2 gar nicht gehen.

Genau, das gab es damals nicht. Deshalb: der Wagen hat mich schon sehr entschleunigt. Wenn man nur auf der rechten Spur unterwegs ist und erst mal sieht was links so abgeht … weil man da nicht selber mitschwimmt und ins Lenkrad beißt … das ist schon ein Hammer, mitunter.

Ich kenn das, ich fahre mit meinem Defender ja auch nur rechte Spur und zum überholen schon mal in der Mitte. Ich kann zum Glück durchaus relativ zügig auf 120-130 beschleunigen und mal eben den ein oder anderen LKW überholen. Also die mittlere Spur kenn ich eigentlich auch ganz gut, die linke überhaupt nicht mehr.

Ja, das geht schon auch mit dem P2, nen LKW zu überholen, aber es ist tatsächlich so, das die Leute das nicht auf dem Schirm haben und das auch überhaupt nicht einschätzen können, bzw. wenn man so ein Auto sieht, dann sieht man doch auch, das der jetzt den LKW nicht mit 150 Sachen überholt. Und trotzdem hängen Sie dir dann in der Stoßstange. Das ist halt so ohne Gurt und allem Zip und Zap … ne, das tut nicht Not.

Opel Rekord P2

Letzte Frage: Wenn Geld und Verfügbarkeit keine Rolle spielen würden, wie sähe denn dann der Inhalt deiner perfekten Doppelgarage aus?

Nur zwei? Verdammt.

Das ist die Challenge. Nur zwei!

Oh, ja, jetzt … also, dann müsste es auf jeden Fall einen Pickup geben. So, F100 – ’nen alten Ford, das wäre schon fein. Und dann tatsächlich aus nostalgischen Gründen den T3 als Wohnmobil.

Ja, coole Doppelgarage!

Ja, da haben meine Eltern ein schönes Auto gehabt. Der hat uns aber echt die Haare vom Kopf gefressen. Das war ein Cosinus, so hieß der … Cosinus war einer, der eigentlich Schiffe ausgebaut hat. Der hat dann in den 80ern auch … ich glaub da gab es nur 15 Stück von – richtig schön dunkel blau, der hatte schon ’ne Solarzelle oben auf dem Dach, richtig schick mit hellem Holz drin, dunkle Bezüge … also, das war schon ein Schätzchen. Und den als Allrad. Das war schon ein geiles Teil.

Hießen die da schon Synchro?

Ja, genau. Da ist uns die Maschine aber hoch gegangen und dann haben wir den umgerüstet auf Diesel, mit Turbolader und hast nicht gesehen … Irgendwann hatte mein Vater aber die Faxen dicke, weil der so viel Geld geschluckt hat und sich da, ja auch leider an die falschen Leute geraten, die das dann gemacht haben und Rechtsstreit und haste nicht gesehen …. Und dann hat er irgendwann das Ding verkauft. War dann irgendwann negativ behaftet.

Ja, Gero, Mensch, es war mir ein Fest. Vielen Dank für deine Zeit und das Interview!

Ja, danke, das ich hier mitmischen darf … immer gerne.